Medizinalcannabis vor dem Sozialgericht
Wegweisendes Urteil
Ende Oktober 2019, nach knapp drei Jahren Papierkrieg, konnte Lucys-Chefredakteur Markus Berger vor dem Sozialgericht Kassel erstreiten, dass seine Krankenversicherung die Kosten für medizinisches Cannabis aus der Apotheke tragen muss (Az.: S 5 KR 503/17). Diese hatte die Kostenübernahme zuvor verweigert. Berger leidet seit früher Kindheit unter einem ausgeprägten Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom
(ADHS), kombiniert mit einer schweren Herzerkrankung (Kardiomyopathie nach Myokarditis), die den Drogenforscher 2008 nach einer verschleppten Grippe ereilte und fast zum Tod geführt hätte. Da die übliche ADHS-Medikation (vorzugsweise Sympathikomimetika und Antidepressiva) sich mit der kardialen Vorgeschichte Bergers nicht verträgt, konnte er die Kostenübernahme für medizinische Cannabisblüten vor dem Sozialgericht mit einem Vergleich durchsetzen.
Dieses Urteil ist ein Meilenstein für alle deutschen ADHS-Patienten, denen Cannabismedizin wegen der schwammigen Gesetzeslage bislang vorenthalten wird. Zwar betonte das Gericht, dass der Kläger ohne seine Herzerkrankung erfolglos geblieben wäre und daher kein Präzedenzfall vorliege. Der vom Gericht vorgeschlagene Vergleich, der weitgehend auf einem fachpsychiatrischen Gutachten beruht, attestiert dennoch eine Wirksamkeit von Cannabis bei ADHS, was die Krankenkassen bzw. deren Medizinische Dienste (MDK) immer wieder anzweifeln, um die Cannabisblüten nicht finanzieren zu müssen. Somit kann der Gerichtsentscheid durchaus als Präzedenzfall gewertet und von anderen Patienten bei eigenen Gerichtsverfahren herangezogen werden. Wäre Cannabis bei ADHS per se unwirksam, wie es die Krankenkassen gerne zu belegen versuchen, hätte Berger den Vergleich nicht erwirken können.