Enttäuschend: Jahresbericht der Drogenbeauftragten

Deckblatt des Drogenberichts 2020

Enttäuschend: Jahresbericht der Drogenbeauftragten

Mangelhafter Drogen- und Suchtbericht veröffentlicht

Der Jahresbericht 2020: Eine magere und wenig überzeugende Publikation der Drogenbeauftragten. Wer Neuerungen oder Erkenntnisse drogenpolitischer Art erwartet, kann den Bericht getrost ignorieren und sich stattdessen den siebten „Alternativen Drogen- und Suchtbericht“ zu Gemüte führen.

Niema Movassat, der drogenpolitische Sprecher der Linken, äußerte sich polemisch per Tweet zum aktuellen Bericht:

«Wo ist der Drogen- und Suchtbericht? Dieses Jahr gibts einen “Jahresbericht”, bei welchem auf jeder 3. Seite ein Foto von @DaniLudwigMdB. Ist das eine Werbebroschüre? Unter Mortler hatte der Bericht ca. 200 Seiten, jetzt ca. 80. Echt skurril, wofür Steuergeld verpulvert wird.»

Damit liefert Movassat eine Analyse, die mit der Meinung vieler Fachleute resoniert. Die insgesamt 82 Seiten lassen jegliche revolutionäre Idee oder „Abweichung vom Kurs“ vermissen. Stattdessen werden lauwarme Argumente für Prohibition und große Worte geliefert.

«Weder Strafverfolgung noch Prävention, weder Schadensminderung noch Behandlung machen für sich allein Sinn – wir brauchen all diese Elemente gemeinsam. Mit dem BtMG und dem NpSG haben wir zwei wirkungsvolle und klug aufeinander abgestimmte Instrumente im Kampf gegen die organisierte Drogenkriminalität.» (S.69)

Dass Strafverfolgung und sinnvolle Prävention und Behandlung sich nicht gut vertragen, ist nicht nur persönlich Involvierten, sondern auch dem Fachpersonal hinreichend bekannt. Warum Konsumierende die selbe Repression zu fürchten haben wie organisierte Kriminelle, wird leider nicht weiter erläutert. Deshalb stellt sich an dieser Stelle durchaus die Frage, was Frau Ludwig meint, wenn sie sagt:

«Kaum ein Politikfeld ist ideologisch so besetzt wie dieses, obwohl nahezu jeder für sich in Anspruch nimmt, nur „das Beste“ zu wollen. Klar, es geht um Freiheit, um Verantwortung, um Werte, um Überzeugungen und immer wieder auch darum, tradierte Bilder und Meinungen infrage zu stellen.» (S.4)

Eine Ansage, die schon fast komisch klingen würde, wäre nicht viel (vermeidbares) persönliches Leid auf die repressive Drogenpolitik ihrer Partei zurück zu führen.

Zwar ist es beruhigend zu wissen, dass sich nun auch Daniela Ludwig für sinnvolle Harm-Reduction-Maßnahmen wie die Verwendung von Naloxon-Nasensprays bei Opioid-Überdosen einsetzt, aber auch hier wundert man sich, warum dies im Bericht groß gefeiert wird, obwohl dies eine längst überfällige Maßnahme war – die andere Länder bereits einige Jahre erfolgreich implementiert haben.

Was bleibt, ist ein Bericht in dem 19 mal von „Rauschgift“ gesprochen wird, jedoch nur ein einziges Mal von „Drug Checking“ – was schließlich nicht weiter spezifiziert wird weil: «Die Diskussion zeigt, dass die Positionen (u. a. Vertreter der Bundesländer, der Suchthilfe und der Polizei Anm. d. Redaktion) sowohl im Bund als auch unter den Ländern noch weit auseinanderliegen.» (vgl. S.57)

Traurig, da bereits zu Beginn des Jahres vollmundig verlautet wurde, dass die Drogenbeauftragte “beeindruckt” vom Inssbrucker Drug-Checking sei und sich deshalb mit Gesundheitsminister Jens Spahn darauf verständigt hatte entsprechende Modelle zu evaluieren.

 

Dirk Netter