Drug Culture: A Mirror of Reality

Künstlerische Darstellung von Don Juan Matus | CC-BY Jacob Wayne Bryner (@rayjmaraca)

Drug Culture: A Mirror of Reality

Über die Wechselwirkung zwischen Drogengebrauch und Kultur

Der Gebrauch psychoaktiver Drogen durchzieht die gesamte Geschichte der Menschheit. Anwendung fanden sie vor allem innerhalb der Medizin, im religiösen Kontext und als Genussmittel. Die Frage nach Drogengebrauch berührt nicht nur medizinische, soziale, juristische und politische Bereiche des menschlichen Lebens, sondern hat eine ebensolche kulturelle Dimension.

Welche Stellung und Rolle haben Drogen in Alltag, Religion und Ritus? Dabei war es geschichtlich und territorial unterschiedlich, wie der Umgang mit Rausch und Rauschmitteln konkret gestaltet wurde. Es wurden sehr differenzierte Verhaltensweisen, Regeln und Rituale entwickelt, um Drogen kulturell einbinden und somit potenzielle Risiken und Gefahren reduzieren zu können. Eine solche kulturelle Integration führte dann zu einer Wechselwirkung zwischen Drogengebrauch und Kultur. Wurde diese Integration im offiziellen Bereich verweigert, kam es im Rahmen der Illegalität (Subkultur) dennoch zu einem solchen Prozess.

Welche Drogen in welcher Art und Weise gebraucht werden, das sagt sehr viel über eine Gesellschaft aus. Drogen sind weit mehr Spiegel als Verursacher gesellschaftlicher Prozesse. Die jeweils bestehende Drogenkultur wird von unterschiedlichen sozialen, religiösen bzw. philosophischen, ökonomischen, juristischen und politischen Faktoren beeinflusst. Sie beschreibt individuelle, wie auch kollektive Erfahrungen. Dabei werden auch verdrängte und verheimlichte Realitäten sichtbar.

Drogengebrauch, sowohl im offiziellen als auch im subkulturellen Kontext, bringt den verborgenen, psychischen Zustand einer Gesellschaft ans Licht. Sehnsüchte und Ängste, Trauer und Träume, Bewältigungsstrategien und Herrschaftsstrukturen, Anpassung und Widerstand finden in den Drogenkulturen ihren Widerschein. Die Dimension von Philosophie und Weltdeutung, Grenzüberschreitung und Transzendenz wird durch Rausch- und Drogenerfahrung berührt.

Genau diesen kulturellen Aspekt, der in der aktuellen Diskussion oft übersehen wird, wieder mehr in den Blick zu bringen und damit einen Beitrag zum besseren Verständnis für das Phänomen Drogen zu leisten, fühlte sich unter anderem die Ausstellung und die interaktive CD-Rom „DrogenKultur – KulturDrogen“ der Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen e.V. verpflichtet. Um Drogengebrauch verstehen, bewerten und einordnen zu können, muss dieser auch als kulturelles Phänomen ernst genommen werden. Dies hat dann auch Konsequenzen für Prävention und Schadensminimierung. Die Vielfalt an kulturellen Erfahrungen wahrzunehmen kann helfen, konstruktiv über die eigene Situation nachzudenken.

Kunst und Drogenerfahrung

Kunst und Drogenerfahrung stehen in einer wechselseitigen Beziehung zueinander.

Auf einer äußeren Ebene hat Kunst Drogengebrauch, Drogengebraucher, Drogenkulturen – aber auch individuelle Konflikte oder gesellschaftliche Probleme, die durch Anwendung psychoaktiver Substanzen ausgelöst werden – als Thema bearbeitet.

In einer inneren Perspektive widmen sich Künstler der Drogenwirkung und versuchen, Bewusstseins- und Wahrnehmungsveränderungen kreativ darzustellen. Dabei wollen diese Kunstwerke Rauscherfahrungen nicht allein dokumentieren, sondern ihrerseits neue, weitere Rauscherlebnisse begleiten, Effekte verstärken und visuell zu tieferen Wahrnehmungsmöglichkeiten inspirieren.

Ebenen, auf denen Drogenkultur als Spiegel der Realität wahrnehmbar wird, sind unter anderen:

  • Religion, Spiritualität und Philosophie
  • Literatur
  • Film
  • Musik
  • Architektur
  • Heilkunst
  • Museologie
  • Theater und Tanz

Bedeutende Stilrichtungen wie Surrealismus, Symbolismus und psychedelische Kunst werden von visionär-ekstatischen Bewusstseinserfahrungen geprägt und gewinnen nicht selten eine religiös-mystische Dimension. Der Einfluss von drogeninspirierter Kunst auf Ästhetik, angewandte Kunst, Gebrauchsgrafik, Mode, Werbung, Film, Multimedia und Alltagskultur ist wahrscheinlich größer, als auf den ersten Blick vermutet.

Michael Kleim