Wie Psilocybin im Körper wirkt: Neues Modell zeigt den Weg ins Gehirn
Psilocybin ist der wichtigste psychoaktive Wirkstoff aus sogenannten „Magic Mushrooms“, also Pilzen der Gattung Psilocybe. Nach der Einnahme wandelt der Körper Psilocybin sehr schnell in Psilocin um. Dieses Molekül wirkt auf bestimmte Serotonin-Rezeptoren im Gehirn (vor allem 5-HT2A) und kann die bekannten psychedelischen Effekte wie veränderte Wahrnehmung, Pseudohalluzinationen und das Gefühl einer Ego-Auflösung herbeiführen. Gleichzeitig haben Studien gezeigt, dass Psilocin potenziell auch längerfristig positive Effekte auf Depressionen und andere psychische Erkrankungen haben kann, die mit herkömmlichen Medikamenten oft schwer behandelbar sind.
Damit Psilocybin als Medikament genutzt werden kann, ist es wichtig zu verstehen, wie genau es im Körper verstoffwechselt wird: Wie schnell wird es aufgenommen? Wie verteilt es sich in Organen wie Gehirn, Leber und Niere? Wie lange bleibt es dort, und auf welchem Weg wird es wieder ausgeschieden? Genau diese Fragen zur Pharmakokinetik versucht man mit sogenannten „physiologisch basierten Pharmakokinetik-Modellen“ (PBPK) zu beantworten. Solche Modelle bilden den menschlichen (oder tierischen) Körper in Form von Rechenmodellen nach und simulieren, wie eine Substanz sich darin bewegt und umgewandelt wird.
Eine Studie hat ein PBPK-Modell für Psilocybin und Psilocin entwickelt, das bei drei verschiedenen Spezies eingesetzt wurde: Maus, Ratte und Mensch. Dafür nutzten die Forschenden eine Vielzahl bereits veröffentlichter Daten, die zeigten, wie Psilocybin oder Psilocin nach verschiedenen Verabreichungsarten (z. B. oral, intravenös, subkutan) im Blut und in Organen gemessen wurde. Mit diesen Daten konnten die Forscher die Modellparameter anpassen und überprüfen, ob die Simulationen mit den realen Messungen übereinstimmen.
Das Modell berücksichtigt acht wichtige Kompartimente: Gehirn, Leber, Niere, Darm, Fettgewebe, Lunge sowie schnell und langsam durchblutetes Gewebe. Besonders wichtig war die Annahme, dass Psilocybin vor dem Eintritt ins Blut fast vollständig in Psilocin umgewandelt wird. Das bestätigten frühere Studien, die gezeigt hatten, dass im Plasma so gut wie kein Psilocybin mehr messbar ist.
Die Ergebnisse der Simulationen zeigen, dass das Modell die tatsächlichen Messdaten in den meisten Fällen gut wiedergibt. So konnte man zum Beispiel nachvollziehen, dass die Konzentrationen von Psilocin im Gehirn deutlich höher sind als im Blut – im Modell etwa das 2,5-Fache. Das passt zu dem, was in Tierversuchen beobachtet wurde: Psilocin reichert sich stark im Gehirn an, was auch die Intensität der psychischen Effekte erklärt. Ein spannender Sonderfall war die intravenöse Gabe beim Menschen: Hier musste das Modell anpassen, dass nicht die gesamte Menge Psilocybin sofort zu Psilocin umgesetzt wird. Stattdessen passte eine Annahme von etwa 40 % Umwandlung besser zu den gemessenen Blutwerten.
Darüber hinaus wurde eine sogenannte Sensitivitätsanalyse durchgeführt. Dabei wird geprüft, welche Faktoren im Modell besonders entscheidend für das Ergebnis sind. Hier zeigte sich, dass vor allem die Bioverfügbarkeit (also der Anteil der Substanz, der tatsächlich in den Blutkreislauf gelangt), die Geschwindigkeit der Aufnahme und bestimmte Verteilungskoeffizienten zwischen Blut und Geweben großen Einfluss haben.
Um zu verstehen, wie stark sich verschiedene Menschen unterscheiden könnten, führten die Autoren auch Monte-Carlo-Simulationen durch. Dabei wird das Modell tausendfach mit leicht veränderten Parametern durchgerechnet, sodass Unterschiede in Genetik, Stoffwechsel oder Körpergröße berücksichtigt werden. Diese Simulationen zeigten, dass die vorhergesagten Konzentrationen von Psilocin in Blut und Gehirn im Wesentlichen mit den tatsächlich gemessenen Daten übereinstimmen. Einzelne Ausreißer – etwa Personen mit ungewöhnlich langer Zeit bis zur höchsten Konzentration im Blut – lassen sich so sichtbar machen und können in Zukunft genauer untersucht werden.
Die Studie betont, dass solche PBPK-Modelle eine wichtige Brücke zwischen Tierversuchen und klinischen Studien beim Menschen darstellen. Sie helfen, sichere und wirksame Dosierungen zu entwickeln, bevor man große Patientengruppen behandelt. Außerdem könnten sie in Zukunft erweitert werden, um besondere Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen – etwa ältere Menschen, Schwangere oder Personen mit Leber- oder Nierenerkrankungen.
Fazit: Dieses neue PBPK-Modell liefert eine Art „Landkarte“ dafür, wie Psilocybin nach der Einnahme in Psilocin umgewandelt wird, wie sich dieses im Körper verteilt und wieder abgebaut wird. Die Vorhersagen stimmen mit den bisher bekannten Messdaten gut überein und geben wertvolle Hinweise für die Entwicklung von Psilocybin als Medikament. Besonders wichtig ist die Erkenntnis, dass Psilocin sich stark im Gehirn anreichert und dass Unterschiede im Stoffwechsel zwischen Individuen berücksichtigt werden müssen. Damit schafft die Studie eine solide Grundlage, um die therapeutische Anwendung von Psilocybin gezielter, sicherer und wirksamer zu gestalten.
Paper: Thaoboonruang N, Lohitnavy O, Ya K, Lohitnavy M. (2025), Development of a PBPK model of psilocybin/psilocin from Psilocybe cubensis (magic mushroom) in mice, rats, and humans, Sci Rep. 15(1): 13721.





