Verschärfung des Cannabisgesetzes verfassungswidrig?

Verschärfung des Cannabisgesetzes verfassungswidrig?

Pressemitteilung: BvCW veröffentlicht Rechtsgutachten

Pressemitteilung des Branchenverbands Cannabiswirtschaft e.V. im originalen Wortlaut:

Stärkung der Organisierten Kriminalität durch Verbot von “Grow-Hubs” befürchtet

Berlin, 2. Mai 2024: Mit dem aktuellen Gesetzentwurf zur Änderung des Cannabisgesetzes will die Bundesregierung die Versprechen aus der Protokollerklärung im Bundesrat gegenüber einzelnen Bundesländern einlösen.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat dementsprechend am 16.04.2024 einen Entwurf zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes und des Medizinalcannabisgesetzes vorgelegt, das im Rahmen eines verkürzten Gesetzgebungsverfahrens durch den Bundestag umgesetzt werden soll.

Dieser Entwurf geht in Teilen über die in der Protokollerklärung gemachten Zusagen und die zugrundeliegenden Absichten deutlich hinaus und stellt insbesondere Anbauvereinigungen vor grundsätzliche, schwer lösbare Probleme.

Das eilig vorgelegte Änderungsgesetz und die damit verbundenen Eingriffe in die gerade erst durch das CanG eingeführte sog. „Säule 1“ der Cannabis-Regulierung (Anbauvereinigungen  und privater Eigenanbau) sind allerdings so tiefgreifend, dass sie verfassungswidrig sein dürften, wie ein Rechtsgutachten der renommierten Wirtschafts- und Verwaltungsrechtskanzlei Witzel Erb Backu & Partner, München, nun festgestellt hat. Das Rechtsgutachten wurde von einem Mitgliedsunternehmen des BvCW mit der Bitte um neutrale Bewertung in Auftrag gegeben.

Im Kern betrifft dies das generelle Verbot für Anbauvereine, Dienstleistungen gebündelt auszulagern – selbst wenn sie diese nicht oder nicht sinnvoll selbst erbringen können. Schon ein Mietvertrag mit Strom- oder Wärmelieferung durch den Vermieter würde nach dem Änderungsgesetz als verbotene “Paketleistung” gelten. Ferner soll es ins Ermessen der Länder gestellt werden, Erlaubnisse zu versagen, schon wenn nur zwei Vereine Anbauflächen im selben Gebäudekomplex, bei enger Auslegung sogar im selben Ort bewirtschaften wollen – ungeachtet dessen, ob dies einen effizienten, ökologischen und gesicherten Anbau erst ermöglichen und eine Kontrolle seitens der Aufsichtsbehörden sogar vereinfachen würde.

Das Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass die avisierten Änderungen nicht nur kontraproduktiv, sondern auch verfassungswidrig sind. Die Privatautonomie der Vereine ist u. a. in Art. 9 GG klar festgeschrieben. Aber auch andere Grundrechte wie die Eigentumsgarantie wie Art. 14 GG, der Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die Berufsfreiheit sind laut Gutachten verletzt – ohne dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird.

Der BvCW befürchtet darüber hinaus, dass mit den zusätzlichen Einschränkungen legaler Geschäftsmöglichkeiten der Einfluss der organisierten Kriminalität stark wachsen könnte. Der BvCW hatte hierzu bereits die Koalitionsspitzen im Bundestag informiert, Vorschläge unterbreitet und um intensive Prüfung gebeten (der Verband stellt dies auf Anfrage gern zur Verfügung).

Zur Wahrung des originären Gesetzeszweckes und Verhinderung krimineller Strukturen können weit weniger einschneidende Bestimmungen implementiert werden – wie etwa die Begrenzung der Anzahl der Anbauvereinigungen in einem Gebäudekomplex und/oder eine mögliche Verpflichtung der Anbauvereinigungen gemäß Geldwäschegesetz (GwG) zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten – analog zum Glücksspielsektor.

Sollte der Änderungsentwurf in seiner jetzigen Form verabschiedet werden, wäre nicht nur die Erreichung der Ziele des CanG (Jugend- und Konsumentenschutz, Zurückdrängung des Schwarzmarktes und der organisierten Kriminalität) in etlichen Teilen in Frage gestellt. Es ist zudem mit einer Klagewelle seitens der Cannabis-Anbauvereine und deren Dienstleister zu rechnen, die zu einer Belastung der Verwaltungsgerichte und einer fehlenden Rechtssicherheit für alle Akteure führen dürfte.

Das vollständige Gutachten finden Sie hier.

VisdP: Jürgen Neumeyer
Geschäftsführer
Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V.
Luisenstr. 54
10117 Berlin
Tel: 0163 986 08 88