LEAP Deutschland: Das Cannabisgesetz (CanG)

LEAP Deutschland: Das Cannabisgesetz (CanG)

+ + +  PRESSEMITTEILUNG  + + +

Wir publizieren hier eine Pressemitteilung der LEAP Deutschland (Law Enforcement Against Prohibition) mit Bitte um freundliche Beachtung.

Vom 22. bis 24. März 2024 fand die Vorstandsklausur von LEAP Deutschland im Schlosshotel Kassel statt. Unser Treffen begann an einem historischen Tag: am Vormittag des 22. März fanden die Anträge im Deutschen Bundesrat, zum Cannabisgesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen, nicht die erforderliche Mehrheit. Damit ist das Cannabisgesetz am 01. April 2024 in Kraft getreten. Dies ist ein Meilenstein für eine Abkehr von einer auf Repression und Strafverfolgung beruhenden Drogenpolitik und ein großer Erfolg für all diejenigen, die sich zum Teil seit Jahrzehnten für eine ideologiefreie, wissenschaftlich basierte und humane Drogenpolitik einsetzen und damit auch ein Erfolg für LEAP Deutschland.

Diese Bewertung beruht darauf, dass mit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes der Erwerb und Besitz von im Gesetz definierten Mengen an Cannabis grundsätzlich straffrei ist und damit jährlich ca. 180.000 Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr wie bisher Beschuldigte in polizeilichen Ermittlungsverfahren sein werden. Außerdem erlaubt das Gesetz den Anbau von Cannabispflanzen zum Eigenbedarf innerhalb der gesetzlich festgeschriebenen Grenzen. Neben dieser grundsätzlich positiven Bewertung haben wir im Rahmen unserer Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren deutliche Kritik an dem jetzt verabschiedeten Gesetz geübt. Es enthält eine Vielzahl kleinteiliger, aus unserer Sicht höchst überflüssiger Regulierungen, in Bezug auf zugelassene Besitzmengen, Konsumverbote in der Öffentlichkeit und erheblichen bürokratischen Erschwernissen im Zusammenhang mit der Gründung und dem Betrieb von Cannabis Clubs.  Daran zeigt sich, dass die auf der Illegalität beruhende Mystifizierung von Cannabis weiterhin eine große Rolle spielt und die Diskussion um das Cannabisgesetz zeitweise die Form eines Kulturkampfes angenommen hat. Aus unserer Sicht gibt es keinen evidenzbasierten Grund, Cannabis anders als die psychoaktive Substanz Alkohol zu behandeln. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Wir waren uns im Vorstand einig: Unsere Arbeit geht weiter! Dies bedeutet zunächst, dass wir aufmerksam und kritisch beobachten werden, wie die Strafverfolgungsbehörden mit der neuen Rechtslage umgehen. Wir erwarten von Polizei und Staatsanwaltschaften, dass sie den gesetzgeberischen Willen der grundsätzlichen Straffreiheit nicht durch eine proaktive Kontrolltätigkeit bei der Einhaltung der einschränkenden Regelungen konterkariert. Es gibt keine Rechtspflicht der Polizei, ohne konkreten Anfangsverdacht allgemein verdachtsschöpfend tätig zu werden. Wir werden uns auch hier einmischen und den Kontakt zu polizeilichen Entscheidungsträgern, Staatsanwaltschaften und den Polizeigewerkschaften suchen.

Mit dem Cannabisgesetz ist der Koalitionsvertrag nur zum Teil umgesetzt. Es fehlt bisher weiter ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur sogenannten 2. Säule, also der Zulassung einer staatlich kontrollierten und regulierten Wertschöpfungskette vom Anbau bis zum Vertrieb in Modellregionen. Dieser Gesetzentwurf ist nach unserer Auffassung überfällig, denn ein umfänglicher Gesundheitsschutz für Konsumierende und die deutliche Reduzierung des Schwarzmarktes wird sich erst bei der Alternative einer legalen Produktion und Abgabe einstellen. Wir bieten auch hierbei unsere konstruktive Unterstützung an.

LEAP Deutschland ist keine Interessenvertretung der Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten, sondern setzt sich nach der Vereinssatzung insgesamt für Alternativen zur praktizierten repressiven Drogenpolitik ein. Dies bedeutet, dass wir auch die anderen illegalisierten Substanzen in den Blick nehmen müssen, bei denen die negativen Folgen des Konsums im Hinblick auf gesundheitliche Risiken und psychosozialer Ausgrenzung häufig noch viel gravierender sind als bei Cannabis. Neben der Forderung nach dem Ausbau von Substitutionsprogrammen, wie z.B. der Diamorphinsubstitution bei Opiatabhängigen, sowie einem flächendeckenden Angebot an „Drug Checking“ wollen wir prüfen, ob und inwieweit das sogenannte portugiesische Modell geeignet ist, auf deutsche Rechtsverhältnisse übertragen zu werden. In Portugal ist der Umgang mit allen völkerrechtlich illegalisierten Substanzen zwar weiterhin verboten, wird aber bei Konsumentinnen und Konsumenten seit 2002 nicht mehr strafrechtlich verfolgt. In einer als Ordnungswidrigkeitenverfahren bezeichneten staatlichen Reaktion auf auffälligem Konsum, stehen Beratung, Betreuung und Therapieangebote sowie die Anordnung von Sozialstunden im Vordergrund und nur in Einzelfällen eine strafrechtliche Sanktion. Ein derartiger Vorschlag ist im Gesetzgebungsverfahren zum Cannabisgesetz etwa vom Bund Deutscher Kriminalbeamter und von einzelnen Bundestagsabgeordneten der SPD ins Gespräch gebracht worden. Wir wollen unter Beiziehung von juristischer und sonstiger fachlicher Expertise einen Diskussionsprozess initiieren, der in einen Vorschlag mündet, ob dieser Weg weiterverfolgt werden soll.

Eine aktive Mitgliederwerbung bleibt eine Daueraufgabe für Vorstand und Mitgliedschaft. In unserer Zielgruppe, vor allem Mitglieder aus den Strafverfolgungsbehörden, der Strafjustiz und der Strafrechtspflege zu gewinnen, sind wir personell weiterhin unzureichend aufgestellt. Neben auf Mitgliedergewinnung abzielende Posts in den sozialen Netzwerken sind alle Mitglieder weiterhin aufgefordert, auch durch persönliche Ansprache Werbung für die Ziele von LEAP zu machen. Als „befreundete“ Organisationen werden wir beispielsweise auf die Neue Richtervereinigung, Polizei Grün und auf den Bund Deutscher Kriminalbeamter zugehen. Durch den Einstieg in die Straffreiheit durch das Cannabisgesetz sinkt vielleicht bei einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Strafverfolgungsbehörden und der Strafjustiz die Hemmschwelle, sich bei LEAP zu engagieren.

Für den Vorstand
Hubert Wimber, Vorsitzender
LEAP-DEUTSCHLAND.DE