Pharmakotherapie bei Cannabiskonsumstörung?

Pharmakotherapie bei Cannabiskonsumstörung?

AEF0117: signalspezifischer Hemmer des CB1-Rezeptors

Wenn der Cannabiskonsum außer Kontrolle geraten ist, gibt es bisher kein Pharmakon, das der Gebrauchsstörung entgegenwirken und somit für eine Behandlung sinnvoll sein könnte. Forscher haben nun eine neue pharmakologische Stoffklasse entdeckt, die genau diese Lücke schließen könnte: die signaltypischen Inhibitoren des Cannabinoidrezeptors CB1 (CB1-SSi).

Die Substanz mit dem kryptischen Namen AEF0117 ist der erste Vertreter dieser Klasse und zeitigt dieselben Effekte wie das körpereigene Steroid Pregnenolon (ein Derivat des Pregnans), das immer dann ausgeschüttet wird, wenn der CB1-Rezeptor im Übermaß aktiviert wurde, also z.B. bei einer hohen Dosis THC (im endogenen Haushalt des Menschen wird der CB1-Rezeptor durch körpereigene Cannabinoide aktiviert). Daher wurde AEF0117 auf pharmakologischer Grundlage von Pregnenolon entwickelt. Wie dieses hemmt AEF0117 «selektiv eine Untergruppe von intrazellulären Effekten, die sich aus der Bindung von Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) ergeben, ohne das Verhalten an sich zu verändern» (Quelle). Bei Mäusen und «nicht-menschlichen Primaten verringerte AEF0117 die Selbstverabreichung von Cannabinoiden und THC-bedingte Verhaltensstörungen, ohne signifikante unerwünschte Wirkungen hervorzurufen» (ebd.).

Allerdings hat Pregnenolon «eine kurze Halbwertszeit, eine geringe orale Bioverfügbarkeit und wird schnell in andere aktive Steroide umgewandelt, die Nebenwirkungen hervorrufen könnten. Aus diesen Gründen eignet es sich nicht als Wirkstoff zur Behandlung einer Cannabiskonsumstörungen» (Quelle). Dies gestaltet sich bei AEF0117 anders. Die Substanz wird eben nicht in andere Steroide metabolisiert.

Im Rahmen der kürzlich erschienenen placebokontrollierten und doppelblinden Crossover-Phase-2a-Studie «wurden Probanden mit Cannabiskonsumstörung nach dem Zufallsprinzip in zwei aufsteigende Dosis-Kohorten eingeteilt (0,06 mg, n = 14; 1 mg, n = 15). AEF0117 verringerte die positiven subjektiven Wirkungen von Cannabis (primäre Ergebnismessung, bewertet anhand visueller Analogskalen) im Vergleich zu Placebo signifikant um 19 % (0,06 mg) und 38 % (1 mg) (P < 0,04). AEF0117 (1 mg) reduzierte auch die Selbstverabreichung von Cannabis (P < 0,05). Bei Freiwilligen mit Cannabiskonsumstörung wurde AEF0117 gut vertragen und führte nicht zu einem Cannabisentzug. Diese Daten deuten darauf hin, dass AEF0117 eine sichere und potenziell wirksame Behandlung für diese Indikation ist» (Quelle).

Studie:
Haney M, Vallée M, Fabre S, Collins Reed S, Zanese M, Campistron G, Arout CA, Foltin RW, Cooper ZD, Kearney-Ramos T, Metna M, Justinova Z, Schindler C, Hebert-Chatelain E, Bellocchio L, Cathala A, Bari A, Serrat R, Finlay DB, Caraci F, Redon B, Martín-García E, Busquets-Garcia A, Matias I, Levin FR, Felpin FX, Simon N, Cota D, Spampinato U, Maldonado R, Shaham Y, Glass M, Thomsen LL, Mengel H, Marsicano G, Monlezun S, Revest JM, Piazza PV. (2023), Signaling-specific inhibition of the CB1 receptor for cannabis use disorder: phase 1 and phase 2a randomized trials, Nat Med. 29(6): 1487-1499.

Weitere Ressourcen:
Pub.Med (Abstract)
Studien-Paper
Pharmazeutische Zeitung